Die „richtige“ Bilanzpolitik hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel kann handelsrechtlich für anstehende Kreditverhandlungen mit der Hausbank ein hoher Gewinn angestrebt werden, während steuerlich ein möglichst niedriger Gewinn erwünscht ist. Hier gilt es abzuwägen.
Gewinnverlagerung
Buchführungspflichtige Unternehmer erreichen eine Gewinnverschiebung bei der Bilanzierung z.B. dadurch, dass sie Lieferungen erst später ausführen oder anstehende Reparaturen und Beratungsleistungen vorziehen.
Erfolgt die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung, reicht zur Gewinnverlagerung die Steuerung der Zahlungen über das Zu- und Abflussprinzip. Dabei ist die 10-Tage-Regel zu beachten, wonach regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben innerhalb dieser Frist nicht dem Jahr der Zahlung, sondern dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzurechnen sind.
Neue Grenzen für die Buchführung
Durch das Bürokratieentlastungsgesetz vom 28.7.2015 (BGBl I 2015, 1400) werden Unternehmen stärker von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handelsgesetzbuchs und der Abgabenordnung befreit. Der Schwellenwert für die Umsatzerlöse wurde von 500.000 EUR auf 600.000 EUR und der Gewinn-Schwellenwert von 50.000 EUR auf 60.000 EUR erhöht.
Beachten Sie: Die neuen Grenzen gelten erstmals für Kalenderjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen. Die Übergangsregelungen stellen jedoch sicher, dass Steuerpflichtige vom Finanzamt keine Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht erhalten, für die ab dem Zeitpunkt der Gesetzesverkündung nach bisherigem Recht eine Buchführungspflicht besteht, jedoch nicht mehr nach der Neuregelung.
Investitionsabzugsbetrag
Für die künftige Anschaffung oder Herstellung von neuen oder gebrauchten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann ein Investitionsabzugsbetrag von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden.
Ein Abzugsbetrag, der in einem Vorjahr abgezogen worden war, ohne die absolute Grenze von 200.000 EUR je Betrieb oder die relative Höchstgrenze von 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erreichen, kann in einem Folgejahr bis zu den Höchstgrenzen aufgestockt werden (BFH 12.11.2014, Az. X R 4/13). So kann die Steuerprogression ggf. gemindert werden.
Derzeit muss das Wirtschaftsgut seiner Funktion nach benannt werden. Schafft der Unternehmer ein funktionell anderes Wirtschaftsgut an (z.B. Lkw anstatt Pkw), muss der Abzugsbetrag im Jahr der Geltendmachung mit der entsprechenden Zinswirkung aufgelöst werden.
Nach dem Steueränderungsgesetz 2015, das am 16.10.2015 den Bundesrat passiert hat, sind die Abzugsbeträge zukünftig nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen durch Datenfernübertragung an das Finanzamt zu übermitteln. Eine Angabe, welche Investitionen beabsichtigt sind, ist nicht mehr notwendig. Die Regelung gilt erstmals für nach dem 31.12.2015 endende Wirtschaftsjahre.
Da Blockheizkraftwerke (BHKW) nach neuer Verwaltungssicht keine beweglichen Wirtschaftsgüter mehr sind, gibt es weder einen Abzugsbetrag noch eine Investitionszulage. Ferner müssen sie über die (längere) für Gebäude geltende Nutzungsdauer abgeschrieben werden.
Aus Vertrauensschutzgründen wird den Steuerpflichtigen allerdings ein Wahlrecht eingeräumt, die bisherige (günstigere) Sichtweise weiter anzuwenden. Dieses Wahlrecht ist auf alle BHKW anzuwenden, die vor dem 31.12.2015 angeschafft, hergestellt oder verbindlich bestellt worden sind. Es ist gegenüber dem Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung oder des Feststellungsverfahrens spätestens für den Veranlagungszeitraum 2015 auszuüben.
Merke: Die neue Sichtweise gilt für die Fälle, in denen das BHKW keine Betriebsvorrichtung ist, was bedeutet, dass der eigentliche Zweck in der Gebäude- und Wasserbeheizung liegt.
Abschlagszahlungen
Ermitteln Ingenieure oder Architekten ihren Gewinn mittels Bilanzierung, tritt die Gewinnrealisierung bereits dann ein, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI (alte Fassung) entstanden ist (BFH 14.5.2014, Az. VIII R 25/11).
Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums (Schreiben vom 29.6.2015, Az. IV C 6 – S 2130/15/10001) gilt das nicht nur für die inzwischen neu gefasste HOAI, sondern auch für Abschlagszahlungen nach § 632a BGB, sodass auch andere Branchen (z.B. das Handwerk) betroffen sind. Bei diesen Abschlagszahlungen handelt es sich, so die Verwaltung, um die Abrechnung von bereits verdienten Ansprüchen. Die Abschlagszahlungen sind indes von Forderungen auf einen Vorschuss abzugrenzen, bei denen weiterhin keine Gewinnrealisierung eintritt.
Einnahmen-Überschussrechner sind hiervon nicht betroffen. Hier zählt weiterhin der Zahlungszufluss.
Praxishinweis: Es wird nicht beanstandet, wenn die neue Rechtsprechung erstmals im Wirtschaftsjahr angewendet wird, das nach dem 23.12.2014 beginnt. Damit sind Abschlagszahlungen regelmäßig ab dem Wirtschaftsjahr 2015 nicht mehr als (gewinnneutrale) erhaltene Anzahlungen zu bilanzieren. Der aus der erstmaligen Anwendung resultierende Gewinn kann gleichmäßig entweder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilt werden.