Damit war nicht unbedingt zu rechnen: Kurz vor Toresschluss hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung am 19.12.2014 das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (auch als Jahressteuergesetz 2015 bezeichnet) trotz zuvor geäußerter Bedenken doch noch passieren lassen. Der folgende Überblick befasst sich mit wichtigen einkommensteuerlichen Änderungen.
Bessere Vereinbarung von Familie und Beruf
Mit einer neu eingefügten Regelung werden weitere Leistungen des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, ab 1.1.2015 steuerfrei gestellt. Dies können sein:
Leistungen an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt (ohne betragliche Höchstgrenze).
Leistungen zur kurzfristigen Betreuung von Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder von pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers (Höchstgrenze von 600 EUR im Kalenderjahr). Voraussetzung ist, dass es sich um eine zusätzliche, außergewöhnliche Betreuung handelt, die zum Beispiel durch einen zwingenden beruflichen Einsatz zu außergewöhnlichen Dienstzeiten oder bei Krankheit eines Kindes bzw. pflegebedürftigen Angehörigen notwendig wird.
Hinweis: Damit sind erstmalig auch im Privathaushalt des Arbeitnehmers anfallende Betreuungskosten in einem eng umgrenzten Rahmen steuerlich begünstigt.
Erweiterung des Teilabzugsverbots
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, hat der Gesetzgeber die Regelungen zum Teilabzugsverbot (Betriebsausgabenabzug nur zu 60 %) verschärft, wovon vor allem Betriebsaufspaltungen betroffen sind.
Die wohl wichtigste Änderung betrifft den Betriebsausgabenabzug durch Wertminderungen betrieblicher Darlehen. Die Kürzungsvorschrift gilt, wenn der Darlehensgeber zu mehr als 25 % am Stammkapital des Darlehensnehmers beteiligt ist oder war. Weitere Voraussetzung ist, dass das Darlehen nicht wie unter fremden Dritten gewährt wurde.
Darüber hinaus ist das Teilabzugsverbot auf Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben oder Veräußerungskosten im Zusammenhang mit einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige zu mehr als 25 % am Stammkapital der
Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder war.
PRAXISHINWEIS: Somit sind die Regelungen überholt, wonach das Teilabzugsverbot für substanzmindernde Aufwendungen (wie Abschreibungen und Erhaltungsaufwendungen) und für Substanzverluste (wie Teilwertabschreibung und Forderungsverzicht)
nicht gilt.
Berufsausbildung: Neue Kriterien für die Erstausbildung
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
Beachten Sie: Aufwendungen können in diesen Fällen nur als Sonderausgaben bis maximal 6.000 EUR im Kalenderjahr geltend gemacht werden. Sie bleiben bei fehlenden Einkünften wirkungslos, da hier keine jahresübergreifende Verrechnung möglich ist.
Um der problematischen Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitausbildung zu begegnen, hat der Gesetzgeber nun den Begriff der „Erstausbildung“ definiert. Nach der ab 2015 geltenden Regelung muss eine in Vollzeit (Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Wochenstunden) durchgeführte Erstausbildung einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten umfassen. Ist
eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.
Darüber hinaus erkennt der Gesetzgeber eine Berufsausbildung als Erstausbildung an, wenn die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden wurde, ohne dass die entsprechende Berufsausbildung zuvor durchlaufen worden ist.
Beachten Sie: Keine erste Berufsausbildung sind nach der Gesetzesbegründung z.B. Kurse zur Berufsorientierung oder -vorbereitung, Kurse zur Erlangung von Fahrerlaubnissen, Betriebspraktika, Anlerntätigkeiten oder die Grundausbildung bei der Bundeswehr.
PRAXISHINWEIS: Die Frage, ob der Ausschluss von Erstausbildungskosten vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug verfassungsgemäß ist, liegt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.
Freibetrag bei Betriebsveranstaltungen
Nicht zuletzt infolge der steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Berechnung des geldwerten Vorteils bei Betriebsveranstaltungen sah sich der Gesetzgeber gezwungen, hier Klarheit zu schaffen.
Ab 2015 gilt ein Freibetrag von 110 EUR. Vorteil gegenüber der bisherigen 110 EUR-Freigrenze: Auch bei höheren Aufwendungen bleiben 110 EUR pro Arbeitnehmer für zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr steuerfrei.
In die Berechnung werden allerdings alle Aufwendungen einbezogen – auch die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung (z.B. für einen Eventmanager). Die geldwerten Vorteile, die auf Begleitpersonen des Arbeitnehmers entfallen, werden dem Arbeitnehmer zugerechnet.
Versorgungsausgleich
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs nach einer Ehescheidung sind ab 2015 als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit dies der Verpflichtete mit Zustimmung des Berechtigten beantragt. Im Gegenzug erfolgt eine Besteuerung beim Empfänger.
Quelle: Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417; BMF vom 19.12.2014: „Was ändert sich im Steuerrecht im Jahr 2015?“; Berufsausbildungskosten: Az. des BVerfG: 2 BvL 23/14 und 2 BvL 24/14