Das Finanzgericht Münster hat erhebliche Zweifel, ob die Sanierungsklausel – wie die Europäische Kommission festgestellt hat – als unzulässige Beihilfe anzusehen ist. Im Streitfall hat das Finanzgericht daher die Vollziehung von Steuerbescheiden ausgesetzt, in denen das Finanzamt Verluste nicht mehr berücksichtigt hatte, obwohl die
Voraussetzungen der Sanierungsklausel erfüllt waren. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Zum Hintergrund
Kapitalgesellschaften können Verlustvorträge grundsätzlich nicht mehr nutzen, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 50 % des Anteilsbesitzes auf einen Erwerber übergehen (quotaler Untergang bei über 25 % bis 50 %). Diese Verlustabzugsbeschränkung gilt jedoch nicht, wenn der Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des
Geschäftsbetriebs erfolgt.
Aufgrund einer Entscheidung der Europäischen Kommission vom 26.1.2011 dürfen deutsche Finanzämter die Sanierungsklausel grundsätzlich nicht mehr anwenden – trotz der seitens der Bundesregierung insoweit beim Gericht der Europäischen Union erhobenen Nichtigkeitsklage.
Verlustabzugsverbot verfassungswidrig?
Das Finanzgericht Hamburg ist sogar darüber hinaus der Auffassung, dass die Versagung der Verlustverrechnung bei einem Gesellschafterwechsel insgesamt verfassungswidrig ist und hat diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Vor diesem Hintergrund sollten vergleichbare Fälle offengehalten werden (FG
Münster, Beschluss vom 1.8.2011, Az. 9 V 357/11 K, G; FG Hamburg, Beschluss vom 4.4.2011, Az. 2 K 33/10, Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11).