Kindergeld ab 2012: Was bei volljährigen Kindern zu beachten ist

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 ist die bisherige Einkommensgrenze von 8.004 EUR für volljährige
Kinder ab 2012 entfallen. Somit haben mehr Eltern Anspruch auf Kindergeld bzw. auf Kinderfreibeträge. In einem
umfangreichen Schreiben hat das Bundesfinanzministerium die neue Rechtslage erläutert.

Zunächst ist festzuhalten, dass minderjährige Kinder wie bisher ohne besondere Voraussetzungen berücksichtigt
werden. Auch bei volljährigen behinderten Kindern hat das Steuervereinfachungsgesetz 2011 keine Neuregelungen
ergeben.

Für welche Kinder gelten die Änderungen?

Für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis
stehen und bei einer Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet sind, entfällt ab 2012 die Einkommensprüfung.
Weitere Änderungen sieht das Steuervereinfachungsgesetz 2011 bei dieser Fallgruppe nicht vor.

Umfangreicher sind die Änderungen, die die zweite Gruppe betreffen. Hier geht es um volljährige Kinder, die das 25.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben und

–     eine Ausbildung absolvieren oder

-sich in einer Übergangszeit von maximal 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinden oder

– mangels Ausbildungsplatz eine Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können oder

– ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr oder einen anderen Freiwilligendienst leisten.

Diese Kinder werden ohne Einkommensgrenze bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines
Erststudiums berücksichtigt. Danach allerdings nur dann, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die ihre Zeit
und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt.

Erstmalige Berufsausbildung/Erststudium

Eine Berufsausbildung liegt vor, wenn das Kind durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen
fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen.

Die Verwaltung stuft eine Berufsausbildung als erstmalig ein, wenn ihr keine andere abgeschlossene
Berufsausbildung bzw. kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen ist.

Hinweis: Wird ein Kind ohne entsprechende Berufsausbildung in einem Beruf tätig und führt es die zugehörige
Berufsausbildung nachfolgend durch, handelt es sich dabei um eine erstmalige Berufsausbildung.

Ein Studium stellt ein Erststudium dar, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Es darf ihm kein anderes durch
einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium bzw. keine andere abgeschlossene nichtakademische
Berufsausbildung vorangegangen sein.

Hinweis: Der Bachelorgrad ist ein berufsqualifizierender Abschluss. Daraus folgt, dass der Abschluss eines
Bachelorstudiengangs den Abschluss eines Erststudiums darstellt und ein nachfolgender Studiengang
(beispielsweise ein Masterstudium) als weiteres Studium anzusehen ist.

Wann liegt eine Erwerbstätigkeit vor?

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums besteht die widerlegbare Vermutung,
dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist. Somit ist eine
Erwerbstätigkeit für den Kindergeldanspruch in diesen Fällen grundsätzlich schädlich.

Hinweis: Als Erwerbstätigkeit gilt jede Beschäftigung, die auf die Erzielung von Einkünften gerichtet ist. Unter die
Begriffsbestimmung fällt neben einer nichtselbstständigen Tätigkeit somit beispielsweise auch eine gewerbliche
Tätigkeit. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist demgegenüber keine Erwerbstätigkeit.

Der Gesetzgeber lässt aber auch Ausnahmen zu. So sind eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger
wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis für den
Kindergeldanspruch unschädlich.

Die 20-Stunden-Grenze darf vorübergehend (max. zwei Monate) überschritten werden, wenn die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit auf das Jahr gerechnet nicht mehr als 20 Stunden beträgt.

Beispiel: Ein Kind schließt nach dem Abitur eine Lehre ab und studiert ab Oktober 2011. Ab dem 1.4.2012 ist es mit
einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. In den Semesterferien arbeitet das Kind – aufgrund einer
zusätzlichen vertraglichen Vereinbarung – vom 1.8.2012 bis zum 30.9.2012 in Vollzeit mit 40 Stunden wöchentlich.
Nach den Semesterferien beendet das Kind seine Tätigkeit und nimmt ab dem 1.11.2012 eine neue Tätigkeit auf
(wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden).

Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit:

-vom 1.4. bis 31.7.2012 (17 Wochen): 20 Stunden pro Woche

-vom 1.8. bis 30.9.2012 (8 Wochen): 40 Stunden pro Woche (= Ausweitung der Beschäftigung)

-vom 1.11. bis 31.12.2012 (8 Wochen): 15 Stunden pro Woche

Da die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 15 Stunden beträgt [(17 Wochen x 20 Std.) + (8 Wochen x 40 Std.)
+ (8 Wochen x 15 Std.)/52 Wochen], haben die Eltern für das ganze Kalenderjahr 2012 Anspruch auf Kindergeld.

Würde das Kind während der Semesterferien dagegen vom 1.7. bis 30.9.2012 (also mehr als zwei Monate)
vollzeiterwerbstätig sein, wäre diese Erwerbstätigkeit als schädlich einzustufen. Dies gilt unabhängig davon, dass
auch hier die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 20 Stunden nicht überschreiten würde. Das Kind könnte
demnach für die Monate Juli bis September 2012 nicht berücksichtigt werden.

Monatsprinzip

Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass ein Kind für jeden Kalendermonat berücksichtigt wird, in dem wenigstens
an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben.

Beispiel: Würde ein Kind nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung studieren und am 3.7.2012 eine
unbefristete Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden pro Woche aufnehmen, hätten die Eltern einen Anspruch auf
Kindergeld für die Monate Januar bis einschließlich Juli 2012 (BMF-Schreiben vom 7.12.2011, Az. IV C 4 – S
2282/07/0001-01; Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011, BGBl I 2011, 2131).

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